Läuft mit DAB+ die Zeit der UKW-Sender langsam ab? Diese Frage stellt Frau Tanja Wolf (Fa. Conrad) in den Raum und möchte eine Diskussion zu dieser Frage öffentlich aufgreifen. Nur zu! Hier ist meine Prognose: Das Radio wird mit der analogen UKW/FM-Technik in Deutschland noch lange "on air" bleiben. Es gibt viele Gründe dafür, zum Beispiel die geschätzten 200 bis 300 Millionen existierenden UKW-Radioempfänger in deutschen Haushalten. Jeder Bundesbürger hat weit mehr als zwei Radios. Denken Sie an ihr Autoradio, Küchenradio, Radiowecker, Taschenradio und Ihre Stereoanlage. Viele fragen: was habe ich von DAB+, was ich nicht schon bei UKW habe? Selbst eingefleischte Digitalradio-Verfechter räumen ein, dass DAB+ hörbare Digitalisierungsartefakte (=Störgeräusche) hat, die auf UKW/FM bei normalem oder gutem Empfang nicht vorkommen. DAB+ bietet nicht mehr an Komfort, wenn man zum Vergleich UKW/FM mit RDS, EON usw. heranzieht. Das "Überall-Radio" gibt es mit UKW/FM längst, und die Netzabdeckung ist überall sehr gut. Im Vergleich dazu ist die Netzabdeckung zur Zeit mit DAB+ noch ziemlich lückenhaft. Ein Bekannter dazu: "ich kann DAB+ nur an einem ganz bestimmten Platz auf der Fensterbank hören". Solange aber DAB+ keine echten Vorteile bietet, wird die Verbreitung der Geräte hinter den Erwartungen zurückbleiben. Wo wenige Hörer sind, gibt es wenig Geld. Mangelt es an Geld, wird der DAB+Netzaufbau stagnieren. Aber erst dann, wenn die Bevölkerung vollständig oder mindestens weit überwiegend mit DAB+ Geräten versorgt ist, kann überhaupt ein Abschalten von UKW erwogen werden. Das wird also noch -sehr- lange dauern. Andererseits stellt sich die Frage, ob die Abschaltung von UKW nicht möglicherweise eine fatale Reaktion auslöst, bei der am Ende der Rundfunk heutiger Prägung auf der Strecke bleiben könnte. Heute sagte mir ein ehemaliger WDR-Mitarbeiter: "Ich weiß nicht, ob ich mir ein DAB+Radio kaufen würde, wenn UKW abgeschaltet werden würde." Jemand anderes sagte: "Ich höre kaum noch Radio, stattdessen lade ich mir meine Musik per download aus dem Internet herunter." Wird UKW abgeschaltet, dann schrumpft die Zahl der Hörer ganz gewaltig. Mit geschrumpfter Höreranzahl, also mit geringer "Reichweite" des Mediums Digitalrundfunk, fällt dann sehr schnell die Finanzierungsgrundlage weg: "Aufgrund veränderter Hörgewohnheiten ... sehen wir uns leider gezwungen ... Ihnen das Geld zu streichen." Bin ich zu pessimistisch? Nunja, Digitalrundfunk ist eine prima Ergänzung, denn das überfüllte UKW- Rundfunkband platzt aus allen Nähten, und DAB+ bietet genügend Kanäle für weitere Programme. Deswegen wird der Digitalrundfunk von Sendern wie Deutschlandradio / Deutschlandfunk, die auf UKW nicht überall zu hören sind, unbedingt benötigt. Und deswegen hat DAB+ eine Zukunft - parallel zu UKW, oder um einen schönen Fachausdruck zu benutzen "simulcast". Im Interesse der Hörer und in den Augen derjenigen, die sich dazu mir gegenüber geäußert haben (um die Hörer geht es, liebe Digitalradio-Verfechter!), wäre das auch auf Dauer die gefragteste Lösung. Viele Grüße Dr. G. Niepel www.radio-hobby.de