(zur korrekten Darstellung bitte stellen Sie das Fenster mit der Maus so breit ein, dass dieser ganze Text hier in einer einzigen Zeile erscheint) Solar-Kurbelradio Georg Niepel Unterwegs die Fußballergebnisse erfahren, Wartezeit mit Musik überbrücken, am Strand ein paar landestypische Klang-Eindrücke empfangen: Es gibt zahlreiche Gründe, immer ein kleines Radio bei sich zu haben. Im entscheidenden Augenblick ist aber oft die Batterie leer: Hier wünscht man sich eine alternative Energiequelle. Das Muse Hybrid Radio MH-07 DS, baugleich zu Thieking & Koch DE 13, bietet gleich mehrere. Zum Betrieb können neben Trockenbatterien auch die Handkurbel und die Solarzelle verwendet werden. Der integrierte Nickel-Metallhydrid (Ni-MH) Akku kann mit der Kurbel, der Solarzelle oder über USB-Anschluss an einem Computer oder einem Netzteil aufgeladen werden. Bei bedecktem Himmel im Freien arbeitet das Radio auch mit leerem Akku, erst recht natürlich bei Sonnenschein am Strand (Tabelle 2). Ausstattung und Funktionen Das kleine Muse Hybrid MH-07 DS (Foto 1) ist als rein analoger Einfachsuper für UKW, MW und KW konzipiert und verfügt über eine analoge Skala. Das Wiederfinden eines Senders ist, wie bei allen Radios mit analoger Skala, ein wenig Glückssache. Neben der Radio-Funktion kann das kleine Gerät auch als LED-Taschenlampe dienen (Foto 2), hat eine rote Blinklampe, eine Sirene und kann über Adapterkabel einige Handys aufladen. Noch so ein Outdoor-Kurbel-Solar-Spielzeug, könnte man skeptisch meinen. Tatsächlich wurde das Gerät jedoch ursprünglich für echte Notfallsituationen wie Naturkatastrophen entwickelt. Unser Test soll zeigen: Ist das Gerät wirklich energieautark? Und ist es empfangsstark? Immerhin brüstet sich das kleine Radio als "Weltempfänger". Der erste Eindruck ist gut. Das Gerät ist kompakt, standfest und macht einen recht stabilen Eindruck (Tabelle 1). Die an der Oberseite des Gerätes befindliche Solarzelle ist erfreulich groß und verspricht ausreichend Ladestrom zu liefern. Die Kurbel ist handlich und funktionell (Foto 3). Die Schalter rasten gut ein und sind, trotz ihrer winzigen Größe, gut zu bedienen. Kein Bedienelement ragt heraus. Die Kopfhörerbuchse verschwindet zusammen mit den anderen Anschlüssen unter einer Gummiabdeckung. Dank des abgerundeten Gehäuses gleitet das Gerät elegant in jede Jacken- oder Manteltasche. Die Teleskopantenne ist ziemlich kurz und lässt sich nur nach links und rechts schwenken, so dass sie nicht unmittelbar mit der Kurbel kollidieren kann. Der Lautstärkeknopf muss mit der Fläche des Fingers gedreht werden, was aber gut funktioniert. Das Rändel-Rad zur Sender-Einstellung verdient allerdings Kritik, da es störendes totes Spiel hat. Die Sendereinstellung ist deswegen auf allen Wellenbereichen, insbesondere auf Kurzwelle, ein Geduldsspiel. Für das Laden am USB-Anschluss eines Computers liegt ein Adapterkabel bei. Kurbelbetrieb Um es vorweg zu nehmen: Das Gerät scheint tatsächlich, bei kurzzeitiger täglicher Nutzung, völlig energieautark zu sein. Trockenbatterien und Netzteil sind - bei nicht zu langer täglicher Spielzeit - wahrscheinlich wirklich entbehrlich. Der Kurbeldynamo spendet reichlich Strom. Mit einer Kurbel- Umdrehung pro Sekunde hat man bereits genügend Strom produziert, um mit dem Radio lautstark UKW zu hören. Die Kurbelei ist bei dieser Umdrehungszahl leichtgängig. Bei mäßiger Umdrehungszahl fließt ein üppiger Ladestrom in den Stromspeicher. Kurbelt man schneller, dauert der Ladevorgang kürzer (Tabelle 3), das kann man aber nicht auf Dauer durchhalten. Abgesehen davon, dass der Spaß dann doch ziemlich schnell in Arbeit ausartet, muss man beim Kurbeln auch gehörig aufpassen, nicht die Teleskopantenne mit den heftigen Kurbelbewegungen der Hand zu beschädigen. Stromverbrauch Das Empfangsteil des Radios Muse Hybrid MH-07 DS ist genügsam. Das Radio spielt auch dann noch erfreulich stabil und sauber, wenn der Akku und die Trockenbatterien weitgehend leer sind. Darüber hinaus ist der Betriebsstrom gering. Das Radio ist folglich ausgesprochen sparsam im Stromverbrauch. Mit einem vollgeladenen Akku sind immerhin rund 30 Stunden Radiohören möglich. Das ist ein sehr guter Wert. Andere kleine analoge Radios sind in aller Regel ebenfalls recht sparsam im Stromverbrauch. Als typisches Radio mit vergleichbar niedrigem Strombedarf und Verbrauch sei der Grundig Yacht Boy 204, Bj. 1991, mit UKW, LW, MW und 12 gespreizten KW-Bändern aufgeführt (Tabelle 4). Er ist nur etwas größer als ein Taschenradio. Auch dieser Yacht Boy kann mit schwacher Batterie noch auf allen Rundfunkbereichen stabil empfangen. Niedrige Verbrauchswerte sind also keine wirklich neue Kunst bei den kleinen analogen Radios. Anders verhält es sich bei dem 9 kg schweren "Schlachtschiff" unter den analogen Radios, dem Grundig Satellit 3400, der schon deutlich mehr verbraucht, und noch ausgeprägter bei einem modernen DAB-Radio: Das Digitalradio Sony XDR-S 16 DBP konsumiert im UKW- und im DAB-Betrieb mehr als das zehnfache im Vergleich zum Muse Hybrid MH-07 DS oder dem Grundig Yacht Boy 204. Der hohe Verbrauch ist übrigens typisch für DAB-Radios. Solarbetrieb Der Solarbetrieb des Muse Hybrid MH-07 DS ist naturgemäß an helles Licht gebunden (Tabelle 2). Mit ausgeschaltetem Radio und einer sehr hellen Schreibtischbeleuchtung erzielt man trotz hell leuchtender Ladekontroll-LED allenfalls eine Erhaltungsladung. Bei bedecktem Himmel wäre der Akku in 150 Stunden geladen; in prallem Sonnenlicht beträgt die Ladezeit 17 Stunden. Anders gesagt, für eine Stunde Ladung bei bedecktem Himmel kann man 12 Minuten Radio hören, bei direktem Sonnenlicht etwa 1 1/2 Stunden. Die genannten Werte gelten allerdings nur, wenn die Fläche der Solarzelle genau zur Sonne ausgerichtet ist, anderenfalls verlängert sich die Ladezeit schnell auf das drei- bis fünffache. Zum Schrägstellen des Radios kann die ausgeklappte und etwas schräg eingestellte Kurbel dienen. Obwohl Elektronik nicht gerne im prallen Sonnenlicht stehen gelassen wird, muss man dieses Radio für eine Ladung mit Solarstrom dem Tageslicht und zwangsläufig auch der Hitze und UV-Strahlung mehrere Tage lang aussetzen. Ob das Kunststoffgehäuse wie erwartet spröde wird und ausbleicht oder widerstandsfähig genug ist, konnte ich in der Kürze der Zeit nicht testen. Realistisch scheint mir zu sein, wenn man das Gerät schräg auf eine Süd-Fensterbank stellt und im Schnitt mit 150 Stunden Ladezeit rechnet. UKW-Empfang Die Empfindlichkeit für UKW ist vom Hersteller mit 5 µV angegeben. Der UKW-Empfang ist auf den ersten Blick im subjektiven Test erfreulich gut (siehe Glossar: UKW-Test). Das Solar-Kurbelradio Muse Hybrid MH-07 DS erreicht erstaunlich gute 42 Punkte für 11 empfangbare Sender zwischen 87.5 und 93.3 MHz, dies ist immerhin Mittelklasse. Damit kann sich der UKW-Teil dieses kleinen Radios in Bezug auf Empfindlichkeit und Trennschärfe durchaus mit dem von größeren Radios wie des Sony XDR-S16 (Baujahr 2011/2012, 41 Punkte), des Noxon dRadio 110 (Bj. 2012, 42 Punkte) [1] oder Philips ORD 7300 (Bj. 2012/ 2013, 44 Punkte) [2] messen. Es hebt sich erfreulich von no-name-China-one-chip-UKW-Radios (Bj. 2000- 2005) ab, die oft nur um die 30-35 Punkte erzielen, kann aber UKW-Radios der Oberklasse (z.B. Grundig Satellit 600, Bj. 1986, 96 Punkte) nicht das Wasser reichen. Die Teleskopantenne lässt sich gut einstellen, und der Empfang bleibt bei Annäherung oder Entfernung der Hände stabil, was ebenfalls als ein klarer Hinweis auf eine hohe Empfindlichkeit des UKW-Teils zu werten ist. Die untere UKW-Bereichsgrenze wird nicht genau eingehalten, deswegen kann es passieren, dass ein bei 107.8 MHz arbeitender Sender durch Spiegelfrequenzempfang bei 86.4 MHz ein zweites Mal auftaucht. Davon sollte man sich nicht irritieren lassen. Andere Schwächen habe ich nicht entdecken können. Der Klang auf UKW ist mit dem kleinen Lautsprecher durchaus akzeptabel, wenn man das winzige Gehäusevolumen des Radios berücksichtigt. Ich bevorzuge den Anschluss eines Kopfhörers, denn abgesehen von der reinen Mono-Wiedergabe ist der Ton damit hervorragend. Mittelwelle Auf Mittelwelle fällt sofort der angenehm helle Klang auf. Sprache ist sehr gut verständlich, und der Musikwiedergabe fehlt der sonst auf Mittelwelle oft zu beobachtende dumpfe Ton. Hier punktet das kleine Radio Muse Hybrid MH-07 DS. Der Hersteller gibt die Empfindlichkeit mit 2.5 mV/m auf Mittelwelle an. Das ist durchaus gut für den Empfang stärkerer Stationen. Eine höhere Empfindlichkeit brächte bei abendlichem Empfang wegen der bekannten Störungen durch Mehrfachbelegung der Frequenzen kaum zusätzlichen Nutzen. Tagsüber jedoch hätte eine höhere Empfindlichkeit zum Empfang der selten gewordenen und damit oft weiter entfernten MW-Stationen beigetragen. Die meisten zum Vergleich herangezogenen Taschenradios (zum Beispiel Grundig Yacht Boy 204, Bj. 1991, Grundig Yacht Boy 320, Bj. ca. 1997, aber selbst einfache Siebzigerjahre-Japan-Transistor-Taschenradios) sind in dieser Hinsicht oft besser. Kurzwelle Der Empfangsbereich auf Kurzwelle umfasst mit 49 m bis 16 m fast alle wichtigen Kurzwellenbänder. Die vom Hersteller mit 50 µV angegebene Empfindlichkeit ist im praktischen Versuch besser als bei vielen chinesischen Taschen-Weltempfängern, auch Spiegelfrequenzselektion und Trennschärfe sind mindestens ebenbürtig. Dementsprechend viele Sender werden empfangen, und auf der kurzen Skala herrscht drangvolle Enge. Bei der Bedienung der Abstimmung vermisst man sofort eine breitere Spreizung der Kurzwellenbänder, und das tote Spiel des winzigen Abstimmungsrächens stört hier sehr. Das Wiederfinden eines einmal empfangenen Senders ist schwierig, wenn wie hier eine Zeigerbreite rund 300 kHz ausmacht. Dennoch überwiegt der positive Eindruck. Am Karfreitag Nachmittag war beispielsweise auf 17640 kHz BBC World Service mit der Sendung "Science in Africa" zu hören, später auf 17725 kHz Voice of America mit Popmusik. Die abendlichen Sendungen von Radio Kuweit auf 15540 kHz waren im Juni sehr gut zu hören. Wenn man den gewünschten Sender einmal sauber eingestellt bekommen hat, dann braucht das kleine Kurbelradio einen direkten Vergleich mit ausgewachsenen Kurzwellenempfängern nicht zu scheuen! Fazit: Für 30 Euro hat man ein vergleichsweise leistungsstarkes und dabei zugleich kompaktes Gerät, welches energieautark betrieben werden kann. Wenn die solare Aufladung des Akkus ausnahmsweise einmal nicht ausreicht, kann ergänzend der Kurbeldynamo eingesetzt werden, so dass man von Trockenbatterien und Netzanschluss völlig unabhängig ist. Das für seine Größe überraschend empfangsstarke Radio macht besonders auf UKW Spaß. Hinweise und Quellen: [1] Das Terratec Noxon dRadio 110. Radio-Kurier 12/2012 [2] Philips ORD 7300: Klassisches Design mit neuer Technik. Radio-Kurier 4/2013 Danksagung: Vielen Dank an Klaus Spielvogel für die kritische Durchsicht und die Erstellung der Tabellen. Tabelle 1: Technische Daten - Muse MH-07 DS NiMH-Akku………………….....Kapazität: 600 mAh Trockenbatterie………………..Typ: 3 * AAA bzw. LR03 bzw. Micro Größe…………………………..133x62x47 mm Gewicht………………………...256 g ohne Trockenbatterie Länge der Antenne…………….34 cm Länge der Skala………………..41 mm effektive Länge Empfangsbereiche……………..UKW, MW, KW (5.8…10.0 MHz und 11.6…18.2 MHz) Kopfhörerbuchse……………....3.5 mm Stereo-Klinkenbuchse (nur Mono-Wiedergabe) Mini-USB-Anschluss………….Buchse für Ladenetzteil zum Laden/Betrieb des Radios USB-Anschluss………………..Anschluss zur Ladung eines Handy durch das Radio Tabelle 2: Ladeströme und Ladezeit bei Solarbetrieb – Muse MH-07 DS Lichtquelle Beleuchtungs- Radio- Akku- Lade- stärke betrieb ladung zeit (lux) (mA) (Std.) Einfaches Leselicht 500 nein nein Unter d. Leseleuchte 1500 nein 0.1 6000 Unter d. 50 W-Schreibtischleuchte 2000 nein 0.4 1500 Unmittelbar an 50W-Halogenlampe 4000 ja 1.5 450 Diffuses Tageslicht im Freien 4000 ja 1.5 450 Bedeckter Himmel 5000 ja 4 150 Leicht gedämpftes Sonnenlicht 30000 ja 25 24 Pralles Sonnenlicht 40000 ja 35 17 Tabelle 3: Ladeströme und Ladezeiten bei Kurbelbetrieb – Muse MH-07 DS Kurbelumdrehungen Radio- Lade- Lade- Leistung pro sec. betrieb strom zeit (mA) (Std.) (W) 0.8-1 ja 0…50 1-2 ja 200…300 2…3 1 Tabelle 4: Stromversorgung und Stromverbrauch verschiedener Radios Modell Muse Hybrid Grundig Grundig Sony MH-07 DS Yacht boy Satellit XDR-S16 204 3400 DBP Baujahr 2013 1991 1982 2012 Ext. Netzteil (V) 5.0 4.5 10...16 5.8 USB-Spannungsversorgung (V) 5.0 - - - Trockenbatterie (V) 4.5 4.5 9 - Akku (V) 3.6 (NiMH) - 9 (Dryfit) - Min.Betriebsspannung UKW (V) 2.5 2.7 4.3 4.0 Min.Betriebsspannung MW, KW (V) 2.0 2.7 5.0 - Betriebsstrom UKW (mA) 17...20 17 50 150 Betriebsstrom MW (mA) 13...15 12 35 - Leistungsaufnahme ("Verbrauch") (mW) 50-70 54-77 315-450 870 Akkulaufzeit (Std.) 30 - 35-40 (*) - Glossar: UKW-Test Getestet wird an einem immer gleichen Empfangsort in Aachen-West. Dabei werden alle mit dem Radio zwischen 87.5 MHz und 93.3 MHz empfangbaren Sender subjektiv bewertet, wobei für jeden empfangenen Sender jeweils 4 Punkte bei einwandfreiem Empfang, 3 Punkte bei nicht ganz perfektem Empfang, 2 Punkte bei leicht gestörtem und 1 Punkt bei stark gestörtem Empfang vergeben und aufaddiert werden. Dieser Artikel erscheint im Radio-Kurier - weltweit hören, dem Vereinsorgan der ADDX 19.8.13